Schräglagentraining
Endlich. Ich hatte schon 2014 ein Schräglagentraining gebucht, damit ich schön vorbereitet auf meine Motorradreise gehen kann. Leider wurde das nichts, denn am Tag des Trainings bekam ich kurzfristig die Info, das das Schräglagenmotorrad nicht anspringt. Tja, dann musste ich selbst noch ein bisschen üben, was mir auch ganz gut gelang.
Dieses Jahr der zweite Anlauf. Ich wollte unbedingt das Training machen, auch wenn meine Schräglagenschwäche eigentlich keine mehr ist. Also habe ich mir einen Termin Ende April gebucht, damit das Training schön zum Anfang der Saison ist, gleichzeitig aber die Temperaturen im annehmbaren Bereich liegen. Das mit den Temperaturen passte auch soweit, überhaupt das Wetter war super, nämlich leichte Sonne und abwechselnd einige Regenschauer. Anfang der Saison, na ja :-) die hatte bei mir dieses Jahr recht früh begonnen.
Das Training fand in Dortmund statt, das Trainingsgelände war ein Werksgelände im Dortmunder Hafen. Neuer, griffiger Asphalt und Industrieromantik rundum. Umziehen konnten wir uns in einer Waschkaue, die auch Toiletten hatte. Da ich der einzige war, der mit dem Motorrad angereist ist, habe ich nur den Regenstrampler ausgezogen und das Futter aus meinem Anzug genommen, fertig.
Ein paar Meter geht es rüber zur Übungsfläche, auf der schon ein paar Hütchen aufgebaut waren und das Schräglagenmotorrad dekorativ auf einem seiner Ausleger lag. Dort ist auch eine Art Wohn-/Bürocontainer in dem Tische und Bänke, eine Garderobe und für jeden Teilnehmer ein Fach für persönliche Dinge waren. Auch Getränke und Snacks (Obst :-)) wurden geboten, der Kaffee hat leider nicht bis zum Nachmittag durchgehalten und der Kuchen kam in Form einiger Waffeln daher, diese haben es nicht mal bis zur Mittagszeit geschafft.
Nach einer kurzen Ansprache mit grundsätzlichen Erklärungen und auch Verhaltensregeln, ging es an den ersten Task: Einige Teilnehmer konnten auf dem Schräglagentrainer Probesitzen und es wurde zunächst die gewohnte Sitzposition analysiert und Verbesserungen vorgeschlagen. Mir ist "Unterarme locker" und "der Lenker ist zum lenken und nicht zum festhalten" in Erinnerung geblieben und ich mache es mit beim Fahren immer wieder mal bewusst.
Dann wurde es richtig ernst :-) die ersten Fahrten standen an, wir waren insgesamt 8 aktive Teilnehmer, die der Reihe nach fahren. Beim Fahren hat man einen kleinen Funkempfänger am Ohr, damit man Hinweise vom Trainer bekommen kann. Für die erste Runde wurden die Ausleger der Schräglagenmotorrads recht flach eingestellt (35 Grad, genau weiss ich es nicht mehr, vielleicht 30). Das reicht für den Anfang dicke aus, da man sowieso erst überwiegend mit der neuen Situation beschäftigt ist, anderes Motorrad mit komischen Dingern dran, zwei Zylinder zu wenig, überall verstreute Hütchen, die noch keinen rechten Sinn ergeben wollen und dann noch die Stimme im Ohr. Besonders ist auch der erste Bodenkontakt mit der Rolle des Auslegers, erst einmal schreckt man unwillkürlich zurück und fährt wieder gerader... aber es war für mich wichtig, gleich mit der Rolle auf dem Boden zu kommen, weil wie stehe ich sonst vor den Mittrainierenden da? ;-)
Für die zweite Runde wurden erst einmal die Ausleger höher gestellt. Das müssten 40 Grad gewesen sein, und jetzt konnte ich schon mehr Routine spüren. Das Motorrad fuhr halt irgendwie besser, weil eine gewisse Eingewöhnung stattgefunden hat. Vor allem die enge Kehre klappte ganz gut und so ging ich mit Elan in den Kreis und kam nach einigen Runden ganz gut auf die Rolle. Der Asphalt war noch vom Morgen nass, trocknete aber so langsam ab. Mir war beides recht, die Nässe war natürlich noch etwas spannender weil ich hier die Angst vor Schräglage bei Nässe abbauen konnte. Es passierte in der Tat während des ganzen Trainings (eigentlich leider) nichts, 45 Grad Schräglage bei Nässe, dabei gefühlvoll Bremsen und Gas geben klappt einwandfrei.
Bei der dritten Runde blieb die Einstellung der Stützen auf 40 Grad und wir bekamen als Aufgabe, in Schräglage damit zu experimentieren, wie das Motorrad bei Kursänderungen, Bremsen und gasgeben in Schräglage reagiert. Meine Erkenntnis: wenig aufregend. Meine Eskapaden blieben ohne überraschende Wirkung, was eine wichtige Erkenntnis war. Man konnte ab diesem Punkt des Trainings ein klares Ziel der Sache ausmachen: Mach Dir mal klar, das in Schräglage vieles genau so ist, wie beim Geradeausfahren. Das Entlastet stark und es bleibt Raum für die Punkte die in Schräglage wirklich wichtig sind, wie z.B. am Gas zu bleiben und die Schräglage eher zu erhöhen, um durch die Kurve zu kommen. Gas zu führt nämlich genau so wie Bremsen, das noch mehr, zum Aufstellen der Fuhre, das wiederum hat einen größeren Kurvenradius zur Folge. Und genau das ist fast immer nicht gewünscht. Das wir etwas langsamer geworden sind, nützt wenig, wenn wir im Gegenverkehr ankommen. Also am Gas bleiben und runter mit der Karre, hier führt das Maximaldesaster zu einem LowSider - nicht die schlechteste Unfallart mit dem Motorrad, wenn auch nicht schön.
Dann weiter mit 45 Grad. Also schon ordentlich Schräglage, das hat schon mächtig Spaß gemacht. Mit den Auslegern muss man aufpassen, nicht einfach "Dreirad" zu fahren, also gar keine richtige Schräglage. Besser ist es, die Rolle knapp über dem Asphalt zu halten. Die zweite 45-Grad-Runde war dann wirklich geil. Wer wollte, konnte mit Knieschleifern fahren und richtig in den Hang-off gehen. Habe ich natürlich gemacht :-) mit mir noch ein Mittrainierender, alle anderen wollten nicht...
Der Turn mit den Knieschleifern war wirklich gigantisch. Erst einmal den Oberkörper zur Kurveninnenseite verlagern, dann das Knie runter strecken. Und dann einsehen, das da noch ewig viel Platz zwischen Knie und Asphalt ist. Das liegt erst einmal daran, das sich das Motorrad bei gleichbleibender Geschwindigkeit aufrichtet, da das Gewicht ja verlagert wird. Dann war ich noch bei weitem nicht weit genug mit dem Knie unten. Also 1. Gas geben wieder in mehr Schräglage zu kommen und 2. das Knie weiter runter strecken. Diese beiden Schritte mehrmals ausführen, das hat immer noch nicht gereicht, aber als ich dann "Gas, Gas, Gas" im Funk hörte habe ich noch mal am Hahn gezogen und da war es... das Knie am Boden :-)
Joa, dann das Ganze nochmal in der anderen Richtung, das klappte auch, obwohl die Anlaufzeit etwas länger war... ich musste wohl erst etwas Adrenalin abbauen um wieder geordnet ans Knie zu kommen.
Dann war Mittag, hier wurde ein leckere Erbsensuppe gereicht und der Coach tauschte das Vorderrad des Motorrads aus. Wir waren am Morgen vorne mit einem Heidenau-Reifen gefahren (nicht gerade ein Grip-Weltmeister, das hat aber keiner gemerkt), der in der tiefen Schräglage eher kippelig läuft. Der wurde jetzt durch einen Bridgestone ersetzt, der in Schräglage einfacher zu handeln ist, aber weniger Profil hatte und daher bei der morgentlichen Nässe runter kam.
Der Nachmittag wurde dann mit einem anderen Pylonen-Bild gefahren. Morgens war ja reiner Kreisverkehr, jetzt wurde eine langgestreckte Acht aufgestellt, die Mittelpunkte der Kurven wurden ebenso wie die Einlenkpunkte extra markiert. Nach dem ersten Herantasten kam dann schnell Freude auf. Die kurzen Geraden ermöglichten ein schönes Herausbeschleunigen aus den Kehren, genauso wie auf den Einlenkpunkt herangebremst werden konnte.